Bauer Willi beim LWT 2019
Bauer Willi alias Dr. Willi Kremers-Schilling (bauerwilli.com) sprach beim Landwirtschaftstag über seine Erfahrungen mit Social Media und der gesellschaftlichen Diskussion rund um die Landwirtschaft. Er schreibt zu unserem Landwirtschaftstag:
Eine bemerkenswerte Veranstaltung
Wenn an einem Sonntagmorgen rund 150 Menschen zusammenkommen, um sich über das Thema Kommunikation mit, über und in der Landwirtschaft zu unterhalten, muss es schon was Besonderes sein. Und das war es wirklich.
Den ersten Vortrag hielt Juliane Vees, die extra aus Baden-Württemberg angereist war. Ihr Thema: Mobbing bei Bauernkinder. Ein schwieriges Thema, das gerne tabuisiert wird, auch innerhalb der Landwirtschaft. Sie erzählte sehr anschaulich von dem Ergebnis einer Umfrage, die ihr Landfrauenverband dazu gemacht hat und zeigte Lösungsmöglichkeiten auf, wie betroffene Eltern damit umgehen können. Die wichtigste Botschaft: schnell handeln, bevor die Situation eskaliert. Details der Umfrage findet ihr: >> Link
In meinem Vortrag „Horizonte öffnen - Brücken bauen – Mut machen“ ging ich auf unsere Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Bereich Social Media ein. Wie arbeiten wir, welche Themen bearbeiten wir und mit welchen Themen kommen wir aus der landwirtschaftlichen Blase heraus. Wer unseren Blog verfolgt, wird das alles wissen.
Gespannt waren alle auf den Vortrag von Dirk Fisser, Redakteur bei der NOZ (Neue Osnabrücker Zeitung) der regelmäßig in der überregionalen Zeitung über Themen rund um die Landwirtschaft berichtet. In seinem sehr wohlwollend unaufgeregtem Ton stellte er seine Rolle als Journalist dar, dessen Aufgabe es ist, die Entwicklungen in der Landwirtschaft zu hinterfragen. So auch im Falle der Tierschutzverstösse im Schlachthof Bad Iburg. Zwar träfe das Vorgehen der Mitarbeiter dort nicht die Landwirte an erster Stelle, man müsse sich aber schon die Frage stellen, warum die Tiere in einem so schlechten Zustand den Schlachthof erreichten und ob dies mit dem gerne gewählten Argument der „schwarzen Schafe“ wirklich entkräftet werden könnte. Die Reaktion der zuständigen Ministerin nach unangemeldeten Kontrollen sei angemessen und richtig und auch darüber habe die NOZ sachlich und ohne Wertung berichtet. Journalisten seien nun mal nicht die ausgelagerte Marketing-Abteilung der Agrarbranche. Erschrocken waren die Zuhörer über die Kommentare von Landwirten auf der Facebook-Seite, die offensichtlich nicht zwischen dem Mensch Fisser und dem Journalisten unterscheiden können.
Jörn Ehlers, Vizepräsident des Niedersächsischen Landvolks, ging in seinem Vortrag auf die Dialogbereitschaft der Landwirte mit der Öffentlichkeit ein. In Bezug auf kritisch diskutierte Punkte in der Landwirtschaft könne man sich nicht wegducken sondern müsse sich dem Dialog stellen. Andere gesellschaftliche Akteure würden viel Geld und Personal in diesen Dialog stecken, der häufig in sehr rauer Weise stattfinde. Die Landwirtschaft hätte jedoch einen entscheidenden Vorteil, den sie aber noch zu wenig nutze: tausende von Familienbetrieben, die vor Ort gute Arbeit machen. Der Verband alleine könne den gesellschaftlichen Diskurs nicht prägen. Die Gemeinschaft der Landwirtinnen und Landwirte aber könne glaubhaft, schnell und nah an den Menschen sein. Es geht um Zuhören, Austauschen, Erklären und das Hinterfragen der eigenen wie der Haltungen anderer. Die Landwirte sollten die „Filterblase“ des eigenen Berufsstandes verlassen und mit Offenheit in den gesellschaftlichen Dialog eintreten.
In der anschließenden Diskussion wurde - unter anderem - auch darüber diskutiert, welche Bilder man dem Bürger zumuten könne. Sind Bilder von z.B. totgeborenen Ferkeln ein Zeichen von Transparenz und Offenheit oder führen sie eher zu einer noch ablehnenderen Haltung gegenüber der heutigen Tierhaltung? Hier gingen die Meinungen auseinander, ein Königsweg konnte nicht gefunden werden.
Der gesamte Tag war geprägt von einer sehr ernsthaften Suche nach eben diesem Königsweg. Eines wurde jedoch deutlich: Die derzeit praktizierte Landwirtschaft führt zu Erscheinungen, die dem Bürger teilweise nur schwer vermittelbar sind, deren Ursachen aber mit ökonomischen Zwängen erklärt werden.
Am Vorabend hatten wir noch Gelegenheit, uns mit den Jugendlichen des Winterkurses zu unterhalten. https://www.klvhs.de/seminare/winterkurs.html. Mir persönlich fiel besonders der Optimismus, die Ungezwungenheit und auch die Redegewandtheit dieser jungen Menschen auf. Johannes Pott und Andreas Brinker, die für den Winterkurs maßgeblich verantwortlich sind, haben mir mit ihren sehr ausgleichenden Arte sehr imponiert. Immerhin dauert der Winterkurs 4 Monate, und die sind mit interessanten Themen und Exkursionen gefüllt.
Das Ergebnis eines Kurses war auch dieses Lied über die „die Liebe fürs Leben auf dem Land“
Wer sich für die Angebote der KLVHS Oesede interessiert, hier das sehr umfangreiche Angebot.